Alte Uslarer Straße

Kurztext Alte Uslarer Straße


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Blick in das Tal des Baches Luma
Blick in das Tal des Baches Lunau

Im südlichen Niedersachsen gab es zur Zeit des Mittelalters drei große Wirtschaftsräume: das Bergbaugebiet des Harzes mit seinen Erzvorkommen (Eisen, Silber, Blei, Zink u.v.a.), Hütten und Kohlegewinnungsanlagen, das Waldgebiet des Sollings, in dem auch Holzkohle und Eisen, aber vor allem Glas hergestellt wurde, und das zwischen beiden Industriegebieten gelegene Agrarland des Leinetals. Diese Wirtschaftsräume standen z. T. in engster Beziehung zueinander, weil z. B. das gesamte Harzgebiet auf die Agrarprodukte des Vorlandes angewiesen war.

Das Leinetal war immer schon ein wichtiges Durchgangsgebiet zwischen dem norddeutschen Raum einerseits und dem mittel- und süddeutschem andererseits. Der Solling und der Harz stellten für den Nord-Süd-Verkehr im Allgemeinen dagegen auf Grund der Topographie große Hindernisse dar. Für den Austausch zwischen den Wirtschaftsräumen Harz und Solling wurde u.a. von Osterode (am südlichen Harzrand kommend) ein Handelsweg etabliert, der mit den Stationen Northeim (als wichtiger Handelsverkehrsknotenpunkt) weiter über Höckelheim, Berwartshausen, Reddersen (Wüstung), Moringen, Nienhagen, Crumele (Wüstung), Espol, Withighusen (Wüstung), Delliehausen, Dinkelhausen bis nach Uslar führte.

Daneben gab es auch ältere Routen bzw. Nebenstrecken, die von Northeim über Moringen, Lutterhausen, Hardegsen, Volpriehausen, Gierswalde und Bollensen nach Uslar führten. Der Teil von Hardegsen nach Uslar trägt den Namen „Alte Uslarer Straße“. Eine Straße diesen Namens gibt es in Hardegsen auch heute noch, der Verlauf weicht aber etwas von der ursprünglichen Route ab.

Ihr Standort zu diesem Erlebnispunkt befindet sich bereits auf dem gleichnamigen Wanderweg, den Sie erreichen, wenn Sie die letzten Häuser in der Alten Uslarer Straße hinter sich lassen und nun den befestigten Wanderweg weiter folgen. Straße und Wanderweg sind identisch mit dem Verlauf des Fernwanderwegs X17. Die heute entlang des Weges zu findenden Binnenwaldränder bilden für viele Insekten und andere Tiere wertvolle Lebensräume.


Die o. g. Wegvariante nach Uslar über Hardegsen berücksichtigte zum einen die wachsende wirtschaftliche Bedeutung Hardegsens, zum anderen bot sie im Vergleich zur Hauptroute weitaus weniger zu überwindende Steigungen. Dennoch gab es Streckenabschnitte, z. B. zwischen der Bollertsmühle und der Bollerthöhe, auf denen Steigungen von bis zu 13 % zu überwinden waren. Der Grund dafür, dass man so etwas in Kauf nahm, lag in der Tatsache, dass im Vergleich zu den Tallagen die Höhenrücken gewährleisteten, in der Regel trockenere Verhältnisse als in den Tälern vorzufinden, die oftmals feuchter und sumpfiger waren. Vor allem an den Steigungs- und Gefällstrecken dieser Wege, und so auch auf der Alten Uslarer Straße, entstanden z.T. tief eingeschnittene Hohlwege. Oft waren diese alten Wege auch in einem sehr schlechten Zustand und in den Wintermonaten oder bei Regen kaum passierbar. Auch die Unterhaltung der Wege ließ zu wünschen übrig, wurden doch nur die größten Schäden durch Löcher oder Ähnliches notdürftig mit Holz, Reisigbündel, Sand und Steinen ausgebessert, Gräben zur Wasserableitung ausgehoben und größerer Hindernisse weggeräumt.

Um die Unterhaltung der Straßen zu finanzieren, wurde von den Benutzern ein Wegezoll erhoben. Auf der Alten Uslarer Straße führten im 18. Jahrhundert zweirädrige Fuhrwerke, auf denen die im Solling gewonnene Holzkohle über Moringen, wo ein Kohlenhof als Umschlagplatz eingerichtet wurde, weiter über Northeim zu den Bergwerken im Harz, und umgekehrt die Eisenerze aus dem Harz in die 1715 gegründete Sollinger Hütte in Uslar transportiert wurden.

Ebenfalls von großer Bedeutung war auf diesen Ost-West-Strecken der Transport der Produkte der Glashütten (u.a. Amelieth), um so den Anschluss an die im Leinetal verlaufenden Nord-Süd-Handelsstraßen zu erlangen.

Für Hardegsen – 1383 von Herzog Otto von Braunschweig Stadt-, Markt- und Zollrechte verliehen – weist eine Urkunde aus den Jahr 1390 bereits eine Bäckergilde, Kaufleute und zwei Märkte auf. So entwickelte sich Hardegsen im Laufe des Mittelalters zu einer kleinen Stadt mit merklichem Handelsverkehr.


Vor dem Bau von befestigten Straßen und Eisenbahngleisen war im südniedersächsischen Raum die Schifffahrt auf der Weser und der Leine und ihren Nebenflüssen das wichtigste Transportmittel für Waren und Personen.

Der Waldreichtum bildete einen wesentlichen Faktor in der historischen Gewerbe- und Industrielandschaft des Sollings.

Neben der Nutzung als Baumaterial wurde das Holz vor allem als Energieträger genutzt. Von großer Bedeutung war hier vor allem die Herstellung von Holzkohle (s. a. Station Wüstung Volksfelde). Außer zum Eigenverbrauch vor Ort wurde die Holzkohle u.a. auch in den Harz geliefert, da dort vor allem die Montanindustrie einen erhöhten Bedarf daran hatte. Im Gegenzug wurden u.a. Eisenerze aus dem Harz in die Hütten im Solling geliefert. Die Eisengewinnung im Solling, die vor allem die eisenhaltigen Sedimente des Buntsandsteins , die Sande des Tertiärs und die Mergelkalke des Juras aus dem Markoldendorfer Becken (s. a. Station/Geologie) heranzog, spielte nur eine untergeordnete Rolle. Wiesen die Sollinger Eisenvorkommen, die im einfachen Tagebaubetrieb abgebaut wurden, nur Gehalte von maximal 35 % auf, lag der Eisengehalt der Harzer Erze z.T. bei über 60 %. So entstanden im Solling zwar zahlreiche Hüttenbetriebe, u.a. in Uslar, in Dassel, in Lauenburg und in Relliehausen (s. a. Station Wüstung Volksfelde), die aber neben den heimischen Vorkommen vor allem die „fremden“ aus dem Harz verarbeiteten.

Die zahlreichen Wanderglashütten im Solling (s. a. Station Wüstung Volksfelde) entwickelten sich zu ortsfesten, fabrikähnlichen Standorten. Ein Beispiel dafür stellt die Spiegelglashütte Amelith (s..o.) dar, die 1776 beim Bodenfelder Ortsteil Nienover gegründet wurde und aus der die späteren Orte Amelith und Polier hervorgingen. Sie produzierte in ihrer Blütezeit das damalige Luxusgut Spiegelglas, das europaweit an wohlhabende Interessenten verkauft wurde.

Im Solling entwickelte sich bereits im Mittelalter u.a. im Raum Bodenfelde und bei Fredelsloh die Handwerkskunst der Töpferei. Für die Bodenfelder Produkte bot die Weser eine gute Möglichkeit des Transports und damit der Vermarktung. Für Fredelsloh, das u a. die heimischen Tone aus dem Tertiär verarbeitete, wurde neben der Weser auch die vorhandenen Handelswege genutzt.

Zum Anschluss an die großen Nord-Süd-Fernverkehrsstraßen diente auch ein „Töpfer Weg“, der vom Fredelsloher Raum bis nach Moringen nachzuweisen ist.

Die zwischen 1828 und 1832 gebaute Sollingchaussee, die von Nörten nach Lauenförde über Hardegsen, Uslar, Schönhagen nach Winnefeld führte, ersetzte u.a. die Alte Uslarer Straße, die seitdem verfiel. So ersetzten diese und weitere Chausseen (Kunststraßen) im gesamten Solling die vorhandenen Wege, die oftmals den Höhenlinien folgten, während die neuen Chausseen nun die günstigeren Tallagen nutzten.

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